Atmosphäre: Aufbau, Zusammensetzung, Energiehaushalt

Atmosphäre: Aufbau, Zusammensetzung, Energiehaushalt
Atmosphäre: Aufbau, Zusammensetzung, Energiehaushalt
 
Häufig werden die Begriffe Luft und Atmosphäre gleichgesetzt, was aber bei genauerer Betrachtung nicht richtig ist. Die Luft ist nämlich nur ein Teil der Atmosphäre, wenn auch ein wesentlicher, der sich aus einer Vielzahl von Gasen zusammensetzt. Dabei ist Stickstoff (N2) mit etwa 78 % (Volumenanteil) der Hauptbestandteil, den wir in den Atmosphären unserer Nachbarplaneten Venus (4 %) und Mars (3 %) nur in geringen Anteilen vorfinden. Der für das Leben so wichtige Sauerstoffanteil der Erdatmosphäre beträgt rund 21 %, während in den Atmosphären von Venus und Mars noch nicht einmal Spuren davon nachweisbar sind.
 
Bei den weiteren Bestandteilen der Atmosphäre wird der nicht weniger wichtige Wasserdampf (H2O), den man in Spuren auch auf der Venus findet, üblicherweise zunächst ausgespart, weil der Gehalt an Wasserdampf räumlich und zeitlich stark schwankt. Er beträgt ungefähr 1 bis 4 % und im Mittel bodennah 2,6 %. Für trockene Luft folgt nach Stickstoff und Sauerstoff das Argon (Ar) mit ewas mehr als 0,9 %. Alle anderen, mit Recht als Spurengase bezeichneten Anteile liegen unter einem Promille (kleiner als 0,1 %). Die Liste dieser Spurengase wird, falls man von Argon absieht, vom Kohlendioxid mit derzeit (1999) 0,0365 % angeführt, was 365 ppm (parts per million, millionstel Anteile) entspricht. Die Spurengase sind trotz ihres geringen Anteils wichtig, da sie in winzigen Konzentrationen, zum Teil schon unterhalb der ppm-Schwelle, giftig und damit lebensgefährdend sein können. Außerdem spielen sie aufgrund ihrer Klimawirksamkeit — wie noch gezeigt wird — eine bedeutende Rolle.
 
Hydrometeore und Aerosole
 
Die weiteren, über das als Luft bezeichnete Gasgemisch hinausgehenden Bestandteile der Erdatmosphäre sind die Hydrometeore und Aerosole. Als Hydrometeore werden Wasser- und Eispartikel bezeichnet, die als Wolken in der Atmosphäre schweben oder als Niederschlag die Erdoberfläche erreichen und — im Gegensatz zum (gasförmigen) Wasserdampf — sichtbar sind. Wasserdampf ist damit das einzige Gas der Erdatmosphäre, das unter natürlichen Gegebenheiten sowohl flüssig, in Form von Wassertropfen, als auch fest, in Form von Schnee und Eispartikeln, werden kann. Die Hydrometeore haben im Übrigen der Meteorologie den Namen gegeben. Die aus dem interplanetarischen Raum in die Erdatmosphäre eindringenden Meteore werden zur Abgrenzung von den Hydrometeoren auch als Feuermeteore bezeichnet.
 
Aerosole sind in Luft fein verteilte flüssige oder feste Partikel oder Konglomerate aus beiden, die jedoch nicht aus Wasser bestehen. Beispiele dafür sind Schwefelsäuretröpfchen, die damit verwandten Sulfatpartikel, Ruß, Stäube sowie Pflanzenpollen. In der Meteorologie spielen sie als Kondensations- oder Gefrierkerne bei der Wolkenbildung eine wichtige Rolle. Weiterhin haben sie für die Luftqualität und auch für das Klima eine wesentliche Bedeutung. Feste Aerosolpartikel werden gelegentlich auch Lithometeore genannt.
 
Die Wolken tragen je nach Erscheinungsform unterschiedliche Namen. In der Grobeinteilung unterscheidet man Haufen- oder cumuliforme Wolken, die vorwiegend durch Vertikalwachstum charakterisiert sind, und Schicht- oder stratiforme Wolken, die sich überwiegend horizontal ausbreiten. Parallel dazu spricht man nach der Höhenlage der Wolken, das heißt nach der Höhe über dem Meeresspiegel, von drei Wolkenfamilien: tiefe, mittelhohe und hohe Wolken. Dabei tragen die mittelhohen Wolken den Vorsatz »Alto-« im Namen (zum Beispiel Altocumulus oder Altostratus), die hohen Wolken heißen entweder Cirrus oder beinhalten den Vorsatz »Cirro-« (zum Beispiel Cirrocumulus oder Cirrostratus). Im tiefen Wolkenstockwerk gibt es neben Cumulus und Stratus noch die Mischform Stratocumulus. Schließlich erstrecken sich die Regenwolken oder Nimbuswolken über mehrere Stockwerke, Nimbostratus über die unteren zwei und Cumulonimbus über alle drei. Cumulonimbus kann mit Schauer und Gewitter verbunden sein und ist daher besonders wetterwirksam.
 
Die Zusammensetzung der Atmosphäre ist im Laufe der Erdgeschichte nicht immer gleich gewesen, sondern hat tief greifende Wandlungen durchlaufen. Neben dem optimalen Abstand der Erde von der Sonne, der ab etwa 3,2 Milliarden Jahre vor heute die Bindung des Wassers im Ozean erlaubte, war die Evolution des Lebens für die Zusammensetzung der Erdatmosphäre von großer Bedeutung. Erst durch diese Evolution, und zwar insbesondere durch die Entwicklung der Vegetation an Land, kamen bedeutsame Mengen von molekularem Sauerstoff, der bei der Photosynthese gebildet wird, in die Atmosphäre. Seine heutige atmosphärische Konzentration hat sich vor rund 500 Millionen Jahren eingestellt. Gleichzeitig wurde durch diesen Prozess, aber auch durch Sedimentbildung an Land und am Ozeanboden — über die Aufnahme durch das Ozeanwasser — Kohlendioxid (CO2) so wirksam der Erdatmosphäre entzogen, dass es allmählich — ganz im Gegensatz zu Venus und Mars — zu einem Spurengas werden konnte.
 
Vertikaler Aufbau der Atmosphäre
 
Betrachtet man die Erde aus dem Weltraum, erscheint sie von einem — verglichen mit dem Erddurchmesser — hauchdünnen Saum umgeben. Dieser sichtbare Saum ist keinesfalls die gesamte, sondern vielmehr nur der unterste Teil der Atmosphäre, der als Troposphäre bezeichnet wird. Nur dort treten Dunst, Wolken und Partikel in einer Konzentration auf, die eine merkliche Lichtreflexion und somit ein Sichtbarsein erlaubt. Da sich in dieser Schicht die mit der Bewölkung verknüpften typischen Wettervorgänge abspielen, könnte man auch von der »Wettersphäre« reden.
 
Die Troposphäre ist wissenschaftlich als der Bereich definiert, in dem die Lufttemperatur — zeitlich und räumlich gemittelt — nach oben hin abnimmt. Allerdings können kurzzeitig und lokal auch Abweichungen davon, die Temperaturumkehrschichten oder Inversionen, vorkommen. Mit dieser Definition ergibt sich eine Vertikalerstreckung, die über den Polen 6 bis 8 km und über den Tropen konstant 17 km beträgt; der Standardwert, der in etwa für mittlere Breiten gilt, liegt bei 11 km. Im globalen Mittel geht die Lufttemperatur von +15 ºC in Meeresspiegelhöhe auf —55 ºC an der Tropopause, der Obergrenze der Troposphäre, zurück. Dort betragen die Luftdichte nur noch 30 Prozent und der Luftdruck nur noch 25 Prozent des Werts in Meeresspiegelhöhe. Die vertikale Temperaturabnahme in der Troposphäre beruht auf der Tatsache, dass durch die Sonneneinstrahlung vor allem die Erdoberfläche aufgeheizt wird und von dort aus dann der Wärmetransport nach oben erfolgt.
 
In der Stratosphäre, die sich oberhalb der Tropopause bis in ungefähr 50 km Höhe erstreckt — gelegentlich unterteilt in die bis 30 km Höhe reichende untere und die darüber liegende obere Stratosphäre —, tritt eine zusätzliche Wärmequelle hinzu. Dort hat sich ein Bereich einer mit etwa 5 bis 10 ppm relativ hohen Konzentration an Ozon (O3) ausgebildet, der einen Großteil der ultravioletten Sonneneinstrahlung (UV-B) absorbiert und sich dabei erwärmt. Obwohl diese »Ozonschicht« mit ihrer biologisch überaus wichtigen Schutzfunktion in etwa 20 bis 25 km Höhe konzentriert ist, steigt die Temperatur bis zur Stratopause an, um dann erst in der sich nach oben hin bis etwa 80 km Höhe anschließenden Mesosphäre wieder abzufallen.
 
Oberhalb der Mesosphäre folgt schließlich noch die Thermosphäre, in der die extrem niedrige Luftdichte nur eine geringe Wärmeabstrahlung und einen sehr schlechten Wärmeaustausch mit unteren Luftschichten bewirkt. Maximal wird die Erdatmosphäre bis grob 1000 Kilometer Höhe betrachtet, obwohl schon in einigen Hundert Kilometern Höhe Gegebenheiten herrschen, die einem technischen Hochvakuum, das heißt einem Luftdruck von weit unter 10-5 (Hunderttausendstel) Pascal, entsprechen. Dort geht die Atmosphäre kontinuierlich, ohne dass eine festlegbare Obergrenze existiert, in den interplanetarischen Raum über, der in diesem Zusammenhang als Exosphäre bezeichnet wird.
 
Ionen und Durchmischung
 
Man kann den vertikalen Aufbau der Atmosphäre auch mit Blick auf andere als thermische Eigenschaften festlegen, beispielsweise anhand der elektrischen Ladung ihrer Bestandteile. Das führt zu einer Gliederung in Neutrosphäre und — ab 80 km Höhe — Ionosphäre, weil sich dort Schichten mit erhöhter Ionenkonzentration befinden. Ionen sind elektrisch geladene Atome oder Moleküle, die in der Ionosphäre durch die Ultraviolettstrahlung der Sonne gebildet werden. Die Ionenkonzentration und damit die Elektronendichte zeigt eine markante Schichtung. Die Schichten werden üblicherweise mit D, E und F bezeichnet, wobei die D-Schicht ihr Konzentrationsmaximum in etwa 80 bis 90 km, die E-Schicht in ungefähr 100 bis 110 km und die F-Schicht in rund 170 bis 220 km Höhe besitzt. Je nach Tageszeit können diese Höhenangaben jedoch erheblich schwanken; zeitweise verschwinden einzelne Schichten oder es kommen andere hinzu. Technische Bedeutung hat die Ionospäre dadurch erlangt, dass sie Rundfunkwellen reflektiert und dadurch Nachrichtenverbindungen über sehr weite Distanzen ermöglicht. In der Ionosphäre treten zudem auch besondere Leuchterscheinungen, die Polarlichter, auf.
 
Ein weiteres Kriterium für die Vertikalgliederung der Atmosphäre ist die Durchmischung langlebiger Gase, vor allem Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid und Edelgase. Bis etwa 100 Kilometer Höhe sind die Gase nahezu gleichmäßig durchmischt, und die Luft ist hier überall nahezu gleich zusammengesetzt. Diese Schicht heißt wegen der weitgehend gleichen prozentualen Gaszusammensetzung Homosphäre oder — wegen der heftigen Durchmischung — auch Turbosphäre. Erst darüber, in der Heterosphäre, werden die Gase nicht mehr durchmischt. Die Erdanziehungskraft zieht »schwere« Moleküle stärker an als »leichte«. Je nach dem Molekulargewicht bilden sich daher Schichten, wobei sich die leichteste Substanz, der atomare oder molekulare Wasserstoff, ganz oben befindet.
 
Für kurzlebige, weil reaktive und daher auch giftige Gase gilt die gleichmäßige Durchmischung in der Homosphäre jedoch nicht; sie konzentrieren sich im Wesentlichen dort, wo sie auch entstehen. Der Wasserdampf wird auf seinem Weg nach oben durch die Wolkenbildung in der Troposphäre geradezu abgefangen, sodass schon die Stratosphäre extrem trocken ist. Aerosole erreichen die Stratosphäre von unten nur durch explosive Vulkanausbrüche und von oben lediglich durch zerfallende Meteorite. Die einzelnen Partikel können dort jedoch einige Jahre verweilen, während sie aus der Troposphäre schon nach Tagen auf den Boden fallen oder — noch rascher — durch den Niederschlag ausgewaschen werden.
 
Ein letztes Kriterium, das hier genannt werden soll, ist die Reibung, von der die Luftbewegungen bis in eine Höhe von einigen Hundert Metern über dem Ozean und wenigen Kilometern über dem Gebirge beeinflusst werden. Diese Schicht heißt Reibungsschicht oder Peplosphäre; darüber befindet sich die freie Atmosphäre.
 
 Meteorologische Grundgrößen
 
Zum überwiegenden Teil ist die Meteorologie eine spezielle Physik, nämlich die Physik der Atmosphäre. Eine der dabei betrachteten Grundgrößen ist die Lufttemperatur, die in Grad Celsius (ºC) oder in Kelvin (K = ºC + 273) an einem Ort mit strahlungsgeschützten Thermometern, beispielsweise in einer Wetterhütte, zu bestimmten Terminen beobachtet und fortlaufend registriert wird. Um Einflüsse der bodennächsten Luftschicht klein zu halten und vergleichbare Temperaturen zu erhalten, wird international einheitlich zwei Meter über dem Boden gemessen.
 
Eine zweite wichtige Grundgröße ist die Luftfeuchtigkeit, die als Wasserdampfgehalt der atmosphärischen Luft definiert ist. Sie kann unter anderem als Dampfdruck (in Pascal oder Hektopascal) oder als relative Feuchte (in Prozent) angegeben werden. Beim Dampfdruck handelt es sich um den Partialdruck des Wasserdampfs in einem Wasserdampf-Luft-Gemisch, das heißt um den Druckanteil, den der Wasserdampf am gesamten Luftdruck ausmacht.
 
Da ein Luftpaket bei einer gegebenen Temperatur nur eine ganz bestimmte Feuchtigkeitsmenge aufnehmen kann, hat der Dampfdruck für jede Temperatur einen oberen Grenzwert, den Sättigungsdampfdruck. Dieser steigt mit zunehmender Temperatur an. Die relative Feuchte ist als der Quotient aus dem in der Luft tatsächlich herrschenden Dampfdruck und dem Sättigungsdampfdruck definiert. Beträgt dieser 100 Prozent, ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt. Überschüssiger Wasserdampf kondensiert dann zu Tröpfchen oder sublimiert zu Eiskristallen. Ein einfaches Messgerät zur Bestimmung der relativen Luftfeuchtigkeit ist das Haarhygrometer. Bei einem Haarhygrometer wird ausgenutzt, dass Haare ihre Länge in Abhängigkeit von der relativen Feuchte ändern. Die absolute Feuchte kann auch mithilfe eines Psychrometers bestimmt werden, das im Wesentlichen aus einem trockenen und einem feuchten Thermometer besteht. Letzteres gibt aufgrund der Verdunstung Wärmeenergie ab, die zu einer Abkühlung führt, und zwar umso mehr, je trockener die Luft ist. Der Temperaturunterschied zwischen trockenem und feuchtem Thermometer, die psychrometrische Differenz, ist somit ein Maß für die Luftfeuchte: Je kleiner diese Differenz, desto feuchter die Luft.
 
Gegensätze in der Luft
 
Den Druck, den die Lufthülle der Erde aufgrund der Schwerkraft ausübt, bezeichnet man als Luftdruck. Er wird üblicherweise in Hektopascal (hPa = 100 Pascal) angegeben und entweder mit dem Dosenbarometer, das auch in Ausnutzung der Luftdruckabnahme mit der Höhe als Höhenmesser in Gebrauch ist, oder mit dem genaueren Quecksilberbarometer gemessen. Bei Letzterem führt der auf der Quecksilberoberfläche im Barometergefäß lastende atmosphärische Luftdruck bei Druckanstieg oder Druckabfall zu einem Ansteigen beziehungsweise Absinken der Quecksilbersäule. Im Meeresspiegelniveau herrscht ein Luftdruck von im Mittel rund 1000 hPa.
 
Bei Luftdruckunterschieden entsteht Wind, der in der Praxis meist als horizontale Luftbewegung definiert wird, obwohl es auch einen Vertikalwind — Hebung oder Absinken von Luft — gibt. Da zur vollständigen Beschreibung eines Windes sowohl ein Betrag, die Windgeschwindigkeit, als auch eine Richtung, die Windrichtung, notwendig sind, ist der Wind eine typische Vektorgröße. Die Windrichtung wird üblicherweise nach den Bezeichnungen der Windrose (beispielsweise N = Nord, NW = Nordwest) oder in Grad (beispielsweise N = 360º, W = 270º) angegeben. Bemerkenswert ist, dass beim Wind immer die Richtung genannt wird, aus der er weht, während sonst bei einem Vektor die Richtung angegeben wird, in die dieser weist. Einfache Instrumente sind zur Messung der Windrichtung die Windfahne und zur Messung der Windgeschwindigkeit das rotierende Schalenkreuzanemometer. Weithin sichtbar werden Windrichtung und Windstärke durch einen Windsack angezeigt.
 
Zur Bestimmung des aus den Wolken fallenden Niederschlags dienen Totalisatoren. Dabei handelt es sich um Auffanggefäße, bei denen sich die Niederschlagshöhe — ungenau häufig auch als Niederschlagsmenge bezeichnet — ablesen lässt. Sie sind so kalibriert, dass die abgelesene Niederschlagshöhe in Millimeter einer Angabe in Liter pro Quadratmeter entspricht. Fällt Niederschlag in fester Form, beispielsweise als Schnee, gilt als Niederschlagshöhe die Wasserhöhe des geschmolzenen Schnees.
 
Meteorologische Informationserfassung
 
Es gibt ein weltweites, von der Weltorganisation für Meteorologie (englisch: World Meteorological Organization, Abkürzung WMO) — einer Fachorganisation der UNO mit Sitz in Genf — koordiniertes Beobachtungsnetz zur Erfassung der klassischen meteorologischen Grundgrößen wie Temperatur, Feuchte, Druck, Wind, Bewölkung, Niederschlag und Sichtweite. Dieses Netz umfasst derzeit rund 9600 Bodenbeobachtungsstationen. Hinzu kommen etwa 950 Radiosondenstationen, von denen aus regelmäßig Ballone mit Messgeräten zur Messung von Temperatur, Feuchte und Druck bis in die untere Stratosphäre aufsteigen. Die Messdaten werden zur betreffenden Bodenstation gefunkt (daher der Name Radiosonde) und das Messgespann wird mittels Radar verfolgt, um aus der Ballondrift den Höhenwind bestimmen zu können. Diese Messnetze werden durch Satelliten und weitere Radarmessungen zur Erfassung von Haufenwolken und Niederschlag, insbesondere von Schauern, Gewitter und Hagel, ergänzt. Schließlich gibt es noch spezielle Messnetze, beispielsweise zur Messung von Ozon, Kohlendioxid oder Schwefeldioxid (SO2).
 
 Energiehaushalt von Erdoberfläche und Atmosphäre
 
Der Motor für die atmosphärischen Vorgänge des Wetters und Klimas ist die Sonneneinstrahlung. Sie beträgt am fiktiven äußeren Rand der Erdatmosphäre rund 1370 Watt pro Quadratmeter (W/m2). Dies entspricht etwa 33,5 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Tag (kWh/m2 · d). Zum Vergleich: Der Heizenergiebedarf einer Wohnung in Deutschland beträgt im Jahresdurchschnitt ungefähr 1 kWh/m2 · d.
 
Diese Sonneneinstrahlung steht jedoch nicht überall und immer in gleicher Größe zur Verfügung. Wegen der Rotation der Erde um ihre Achse gibt es einen Tagesgang (Unterschied Tag —Nacht) und wegen des Umlaufs der Erde um die Sonne sowie der Neigung der Erdachse gegenüber der Ebene dieser Umlaufbahn gibt es einen Jahresgang (Unterschied Sommer —Winter). Außerdem wird durch die atmosphärischen Gegebenheiten die Sonneneinstrahlung wesentlich verändert.
 
Globale Strahlungsbilanz
 
Um die Strahlungsverhältnisse an der Erdoberfläche abzuschätzen, muss außer der Sonneneinstrahlung auch die Ausstrahlung der Erde berücksichtigt werden. Diese hat — im Gegensatz zur Sonne, die Wärme, Licht und Ultraviolettstrahlung abgibt — vollständig die Erscheinungsform der Wärme. Da in der Natur immer Gleichgewichte angestrebt werden, ist vom Strahlungsgleichgewicht Sonne —Erde auszugehen. Während die Erde über die gesamte Kugeloberfläche (4πR2 mit R = Erdradius) abstrahlt, wirkt die Sonneneinstrahlung nur auf der Querschnittsfläche der Erde (πR2). Die wirksame Sonneneinstrahlung beträgt daher nur ein Viertel des oben genannten Betrags, also ¼ ·1370 W/m2 = 342,5 W/m2. Setzt man diesen Betrag gleich 100 % und stellt fest, welcher Anteil davon tatsächlich die Erdoberfläche erreicht, so kommt man auf einen Anteil von durchschnittlich nur 45 % der wirksamen Sonneneinstrahlung. Dieser Betrag besteht wiederum zu 30 % aus direkter Sonneneinstrahlung und zu 20 % von der Himmelsfläche kommender Streustrahlung, abzüglich 5 % Reflexion an der Erdoberfläche. Die restlichen 55 % werden durch die Albedo der Erde (die Erdalbedo) — so nennt man die diffuse Reflexion und Streuung in der Atmosphäre und am Erdboden —, zurückgestrahlt (rund 30 %) oder von der Atmosphäre absorbiert (etwa 25 %). Aus dieser Strahlungsbilanz folgt, dass durch die Sonneneinstrahlung primär die Erdoberfläche geheizt wird.
 
Berechnet man die Wärme, die die Erdoberfläche abstrahlt, ohne dabei atmosphärisch bedingte Veränderungen zu berücksichtigen, erhält man etwa 390 W/m2. Dies entspricht — bezogen auf den als 100 % gesetzten Betrag der wirksamen Sonneneinstrahlung von 342,5 W/m2 — einem Anteil von 114 %. Die Atmosphäre, genauer deren Gase, Hydrometeore und Aerosole, absorbieren und streuen jedoch auch die von der Erde ausgehende Strahlung. Dies führt zu einer Rückstrahlung, der atmosphärischen Gegenstrahlung, von 96 %. Diesen Vorgang nennt man den Treibhauseffekt; er bewirkt, dass die effektive Wärmeausstrahlung der Erdoberfläche lediglich 18 % beträgt. Aus der effektiven Einstrahlung von 45 % und der effektiven Ausstrahlung von 18 % folgen eine positive Strahlungsbilanz von 27 % für die Erdoberfläche und der gleiche Betrag, allerdings mit negativem Vorzeichen, für die Atmosphäre.
 
Um diese Bilanz auszugleichen, existiert ein Wärmetransport von der Erdoberfläche zur Atmosphäre. Er wird zum überwiegenden Teil durch den latenten Wärmefluss bewerkstelligt. Dabei wird der Erdoberfläche durch Verdunstung von Wasser sowie Schmelzen von Schnee und Eis Wärme entzogen (insgesamt ein Anteil von 23 %). Durch Kondensation und Gefrieren — sichtbar als Wolkenbildung — wird diese Energie in der Atmosphäre wieder freigesetzt. Nur zu einem mit 4 % wesentlich kleineren Teil geschieht dieser Wärmetransport direkt, das heißt ohne den Umweg von Aggregatzustandsänderungen des Wassers. In diesem Fall spricht man von fühlbarer (sensibler) Wärme, das heißt direkt messbarer Wärmeleitung. Weitere Wärmeflüsse wie zum Beispiel der Wärmenachschub aus dem Erdinneren zur Erdoberfläche, der Bodenwärmefluss, oder die mit der Assimilation — im Wesentlichen bei der Photosynthese — verbundene Energienutzung der Vegetation sind demgegenüber mit Werten unter 1 % quantitativ unbedeutend, qualitativ allerdings für das Leben auf der Erde von größter Wichtigkeit.
 
Der bereits erwähnte Treibhauseffekt ist noch eine nähere Betrachtung wert: Ohne Atmosphäre und somit ohne atmosphärische Rückstrahlung — allerdings unter den gegenwärtigen Reflexionsbedingungen für die solare Einstrahlung, das heißt einer Erdalbedo von 30 % — würde sich eine Erdoberflächentemperatur von —18 ºC einstellen. Da der tatsächliche Wert +15 ºC ist, beträgt der natürliche Treibhauseffekt somit +15 ºC — (—18 ºC) = 33 ºC. Bei dieser Betrachtung ist jedoch nicht berücksichtigt, dass die Erde kein (im physikalischem Sinne) Schwarzer Körper ist; dieser Fehler angesichts einer »grauen« oder farbigen Erde ist allerdings ziemlich klein.
 
Wärmeumsatz an der Erdoberfläche
 
Die Wärmeausstrahlung der Erde und die daraus resultierende atmosphärische Rückstrahlung sind bei verschiedenen Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums sehr unterschiedlich. Das diesbezügliche Spektrum umfasst etwa den Wellenlängenbereich von 3 bis 60 Mikrometer. Die Absorption in der Atmosphäre und die daraus resultierende Rückstrahlung sind im Einzelnen darauf zurückzuführen, dass ganz bestimmte Spurengase in ganz bestimmten Wellenlängenbereichen absorbieren, den Absorptionsbanden. Dabei dominiert Wasserdampf, gefolgt von Kohlendioxid, Ozon, Lachgas (Distickstoffoxid, N2O), Methan (CH4) und anderen Spurengasen, die mengenmäßig in diesem Zusammenhang nur eine geringe Bedeutung besitzen. Wasserdampf absorbiert aber auch im Wellenlängenbereich der solaren Einstrahlung (ungefähr zwischen 0,1 und 10 Mikrometer) und schwächt somit die Sonneneinstrahlung. Aber die Absorption im Bereich der terrestrischen Ausstrahlung überwiegt erheblich, sodass Wasserdampf eines der effektivsten Treibhausgase darstellt. Dies bedeutet, dass sein Vorhandensein die Erdoberflächentemperatur oder die bodennahe Lufttemperatur rechnerisch um rund 20 ºC erhöht, Kohlendioxid zusätzlich um etwa 7 ºC. In den Wellenlängenbereichen der terrestrischen Wärmeabstrahlung, die von den Wasserdampfabsorptionen nicht überdeckt werden — diese Wellenlängenbereiche (ungefähr 4 bis 5 Mikrometer beziehungsweise 7 bis 20 Mikrometer) werden als kleine und große Wasserdampffenster bezeichnet — liegen die Absorptionsbereiche des Kohlendioxids (4,5 und 14,7 Mikrometer). Generell sind Treibhausgase umso effektiver, je mehr sie in den vom Wasserdampf nicht oder nur schwach beeinflussten Wellenlängenbereichen absorbieren. Aus dieser Betrachtung wird außerdem deutlich, dass atmosphärische Konzentrationsanstiege dieser Gase den Treibhauseffekt verstärken.
 
Neben den schon erwähnten zeitlichen Variationen, im Wesentlichen Tages- und Jahresgang, haben auch die räumlichen Unterschiede der Strahlungsprozesse wichtige Konsequenzen. Den zeitlichen Variationen der Strahlungsbilanz folgen, erheblich modifiziert durch die jeweiligen Wettersituationen, entsprechende relative Temperaturvariationen. Im Laufe des Tagesgangs treten die niedrigsten Werte kurz vor Sonnenaufgang und die höchsten Werte am frühen Nachmittag auf — vorausgesetzt, es sind keine Bewölkungs- und horizontalen Luftströmungseinflüsse vorhanden. Räumlich treten die höchsten Werte der Strahlungsbilanz und somit auch die höchsten zeitlich gemittelten Temperaturen in den Tropen, die tiefsten Werte in den Polarzonen auf. Die räumlichen Unterschiede, die unter anderem auch durch die Land-Meer-Verteilung beeinflusst werden, haben Konsequenzen vor allem für die Zirkulation der Atmosphäre.
 
Prof. Dr. Christian-Dietrich Schönwiese, Frankfurt am Main
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Klima und atmosphärische Zirkulation
 
 
Atmosphäre, Klima, Umwelt, herausgegeben von Paul J. Crutzen. Heidelberg 21996.
 Häckel, Hans: Meteorologie. Stuttgart 41999.
 Liljequist, Gösta H. und Cehak, Konrad: Allgemeine Meteorologie. Allgemeine Meteorologie. Aus dem Schwedischen. Braunschweig 31984. Nachdruck Braunschweig 1994.
 Malberg, Horst: Meteorologie und Klimatologie. Eine Einführung. Berlin u. a. 31997.
 Warnecke, Günter: Meteorologie und Umwelt. Eine Einführung. Berlin u. a. 21997.

Universal-Lexikon. 2012.

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